Zirp

Die kleine Zikade, stark enerviert
hob an zur Tirade, recht forsch serviert
Über die ganzen Bienen und Käfer
scheinheiligen selbstgerechten Schläfer

Bilden sich, wegen nichts, ein, was zu sein
innerlich dabei eiskalt und gemein
mit distinguierten arroganten Gesichtern
erheben sie sich zu moralischen Richtern

Das sauber gepflegte Einheitsgewand
definiert gleichzeitig schärfstens den Rand
den zu übertreten sich nicht gehört
und wer es tut, von dem heißt es, er stört

Legen Wert nur auf die äußere Erscheinung
bilden sich durch die ihre abschließende Meinung
enttarnen peinlichst, sie sind nichts als ihr Job
dafür wird der, der anders wertet, gemobbt

Wer von der „wahren Linie“ abweicht: suspekt
am Ende kein so fleißig brav arbeitendes Insekt?
So wird vorsichtshalber schon abfällig geguckt
Vielleicht mit Mühe die Beschimpfung verschluckt

Tagtäglich von Legionen von Ameisen umgeben
Probiert die Zikade ein unabhängiges Leben
Versucht die Blicke, das Tuscheln zu übersehen
Sieht sie trotzdem, kann sie nicht ausstehen

Doch am Ende bleibt von der großen Tirade
der verzweifelt schimpfenden kleinen Zikade
vor sie sich selbst noch die Laune verdirbt
nur ein kleines, entmutigtes „Zirp“

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